Wednesday, November 30, 2005

Warme Cocktails


In unserer Wohnanlage in Rancho Mirage, einer der sieben Wuestenstaedte um Palm Springs herum, gibt es drei Arten von Miteigentuemern: Renter (selten), ehemalige Prominente (haeufiger) oder schwule Pärchen aus San Francisco und San Diego (am haeufigsten). Der Vorsitzende der Eigentuemergemeinschaft ist ein kleiner Inder, der bevorzugt rosa Nagellack und enge Seidenklamotten zur Schau stellt. Bezeichnenderweise ist er der Fixstern der Sozialisation der Wohnanlage: keine Ehe, keine Scheidung, kein Hauskauf, welcher an ihm unbemerkt vonstatten gehen wuerde. Wer nicht ab und zu einmal vorbeischaut während seines Aufenthaltes (um in fast altbürgerlicher Manier einen kurzen Antrittsbesuch abzustatten), der gilt als aeusserst asozial. Entsprechend hielt ich am Wochende eine Cocktailparty, um eben dieser Unterhaltungspflicht nachzukommen. Es kammen mehr Leute als erwartet, allerdings fehlte der ehemalige Kapitän der amerikanischen Serie "Loveboat" (Vorlage fuer "Traumschiff"), welcher sich vor kurzem eingekauft hatte. Unser indischer Nachbar kam denn auch mit den Enkelinnen des bekannten Sängers, nach welchem die Straße vor der Tür benannt ist (die Namensgebung war übrigens schon zu seinen Lebzeiten so). Die beiden Schwestern (Mitte und Ende Zwanzig) hatte ich schon vortags am Pool kennengelernt, und ich war überrascht wie höflich, verbindlich und, in Ermangelung eines besseren Wortes, dezent sich beide gaben. Eine ueberraschende Erkenntnis, denn ich hatte im Anblick ihrer nicht gerade dezenten Tattoos am Pool tags zuvor etwas ganz anderes erwartet, und so war mein wohl reaktionäres Vorurteil diesbezueglich zumindest haltlos.

Freilich war die jüngere gerade dabei sich mit nur 24 Jahren von einem Musiker (nicht Klassik, sondern Rock) scheiden zu lassen, aber die ältere ist mit einem Anwalt verheiratet. Interessant ist, dass beide zwar vollkommen in Hollywood aufgewachsen und im Who-is-Who Spielchen integriert sind, aber dennoch unerkannt snowboarden oder essen gehen können, und man hat den Anschein, sie sind geradezu dankbar darum.

Tuesday, November 29, 2005

Die kuenstlichen Huegel von Los Angeles


Nachdem hierzulande kein Advent gefeiert wird, ist es umso mehr schade, dass ich nicht an der Feier des hundertjaehrigen Wiederbestehens in Ettal dabei sein kann und wahrscheinlich auch nicht auf absehbare Zeit in Deutschland sein werde. Ich habe die letzten Tage in Suedkalifornien entspannt, heute wieder in unserem Palm Desert Buero gearbeitet, und immer wieder faellt mir am ersten Tag ein, wenn ich hier bin: ein Wahnsinn, dass die Leute jeden Strich Wuestensand und jeden Neubau aufkaufen, als ob wir hier in Mitteleuropa mit 200 mm Niederschlag leben wuerden. Vor 75 Jahren haette sich noch jeder an den Kopf gelangt...

Mein Vater und ich hatten unser Thanksgiving Abendessen vorgezogen, um seine Freundin nebst Familie einzubeziehen, d.h. Dienstag anstatt Donnerstags ein grosses Truhahnessen veranstaltet, weshalb ich das lange Wochenende genutzt habe, um nach Palm Springs zu fahren, via L.A., am Mittwoch. Es sind immerhin 7,5 Stunden nach Palm Springs von der Bay Area aus, und nur 5 Stunden, wenn man zunaechst nach L.A. faehrt.

Ich habe die Nacht in West Hollywood, im (Hotel Standard) verbracht, weil ich die Downtown location schon vom letzten Jahr kannte. Der Aublick war immens, habe ich Euch beigefuegt. Abends war ich im Spago’s essen, gehoerte zu den Hotspots der Neunziger, wo Arnold gern ein und aus ging, unter anderem weil der Oesterreichische Koch Wolfgang Puck immer ein-zwei deutsche Gerichte auf der Karte fuehrt. Ich hatte dann auch ein paar anstaendige Kaertner Kaeseravioli und gebratene Schweinelende mit Spatenbier. Man meint in solchen Lokalen dann diverse Gesichter wiederzuerkennen, sollte sich aber sagen: gib's auf, Du kennst Dich sowieo nicht aus, wenn Du nicht fernsiehst und nicht die Yellow Press verfolgst (ist auch besser so.).

Am Donnerstag Morgen – Thanksgiving – bin ich morgens aus dem Hotel ausgecheckt und wollte noch einen Kaffee auf der Terrasse am Pool einnehmmen, die Aussicht geniessen. Nach ein, zwei Schluck Kaffee hat mir das Koffein dann immerhin nachgeholfen, zu bemerken, dass die Aussicht nicht nur Beverly Hills und West Hollywood mit einem einzigen Blick umfasst, sondern auch die blosen Oberweiten einiger Damen, die sich ganz offensichtlich in Beverly Hills hatten nachhelfen lassen.

Es fehlte nur noch ein FIFA Abzeichen, und der Bezug zur bevorstehenden WM waere perfekt gewesen (sponsered by US Soccer League), und in Form und Fassung zumindest passender als jeglicher Bezug zu einem tatsaechlich natuerlichen, weiblichen Koerperteil. Dies war umso verwunderlicher, als dass "oben ohne" in den USA strikt verpoent ist, und der Erregung oeffentlichen Aergernisses gleichkommt. Aber da dies Hollywood ist, und zudem ein Hotel, das zum guten Teil von der "tongue-in-cheek" Ironie der neu interpretierten Moderne lebt, gehoeren blanke Fussballe am Pool wohl ebenso dazu wie der blaue Kunstrasen auf Deck und die weiss moeblierte Zimmer mit Saarinen Stuehle - alles Moebel und Stellage, alles Ironie mit Attituede und Anfuehrungszeichen.

Viewpoints



Nachdem ich heute erfreulicherweise entdeckt habe, dass irgendein netter Nachbar in unserer Naehe sein wireless Netzwerk offen gelassen hat, konnte ich mich nicht nur ins Blogger einloggen, sondern auch Shift Tv Account aktivieren, und konnte deshalb "Harald Schmidt" und "Gernstl in den Alpen" gucken.

Shift Tv ist eine Art digitaler Videorecorder im Internet: man sucht sich in den Programmspalten (powered by Hoerzu - ohne Witz) eine Sendung aus, nimmt sie auf, und guckt sich es etwas spaeter im Netz an.

Trotz 78 Programme in Englisch, das meisste alle 10 Minuten unterbrochen durch Werbung, bin ich auf jeden Fall mit dem WDR und BR besser bedient: es ist irgendwie gemuetlicher so.

Lebenszeichen




Heute ist es ein ruhiger Abend mit Schubert und aufgewaermter Pizza; nachdem ich gerade eben nach einem Nickerchen (offiziell habe ich den New Yorker gelesen) aufgewacht bin an einem Samstag Abend um 19:30 Uhr, habe ich beschlossen, auch den restlichen Abend daheim zu bleiben und nicht auszugehen, sondern lieber einen kleinen Happen zu essen, Euch eine Email zu schicken, um dann zeitig ins Bett zu gehen.

Heute war der Gedenkgottesdienst einer Mitarbeiterin, die leider viel zu frueh und an einem Krebsleiden verstorben ist. Ihr Mann arbeitet ebenfalls fuer uns, sie haben einen 16 jaehrigen Sohn. Vater und Sohn haben 6 Monate hinter sich, die ziemlich unbeschreiblich sind. Ich hatte die Gelegenheit, mich mehrmals von Mimi zu verabschieden, und mit ihnen als Familie Zeit zu verbringen. Die Feier heute war in einer Katholischen Kirche mit Anglikanischer Pastorin und Baptisten-Gospel-Chor: sehr eklektisch, sehr „lively“, eine schoene Feier. In Anbetracht dessen, was im Leben unfertig bleibt – sowohl im den Dingen, die man sich vorgenommen hatte, wie auch dort, wo es die Mitmenschen betrifft - denke ich auch deshalb, dass es wichtig ist, dankbar das Leben jeden Tag neu anzunehmen.

Mit meinen Plaenen fuer die Firma und unseren Datenbanken bin ich leider immer noch weit „behind schedule“, aber Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut. Alles in allem bin ich inzwischen mehr Pro als die meissten im hiesigen Makler-business, aber persoenlich fuehle ich mich immer noch am Anfang mit unserem Business, aber das ist vielleicht ganz gut, weil man dann mit genuegend Sorge waltet und keinerlei Ueberheblichkeit aufkommen laesst: jeden Tag einfach weitermachen und das Feld bestellen.

Als ich vom Brand in Schloss Elmau gelesen hatte (derzeit wird im Denkmalamt debattiert, welche Dachbalken erhaltenswert sind, als ob es keine anderen Probleme dabei gibt...), suchte ich unser Bild von B&M's Hochzeit hervor. Soeben habe ich es gescannt und lege es Euch als Anhang bei. Wer war dabei als wir in der zwoelften oder dreizehnten Klasse im Winter durch mannshohen Schnee nach Elmau fuhren, um dort mit den Hausmaedchen zu tanzen und zu flirten? Ich weiss nicht wie es Euch geht, aber ich betrachte das Bild und denke, wie beneidenswert gut wir es doch hatten und haben – einerseits als Gruppe, andererseits, was unseren Erlebnishorizont im Leben betrifft, und wiederum, was uns schon von frueh an mitgegeben wurde an Talent, Praegung, und Werten. Dass es – wie bei allen – dann da und dort zum Unerwarteten, zum Schwierigen, zu Schiksalsschlaegen kommt, ist und wird unvermeidbar bleiben, und wird uns in Zukunft sicher noch erwarten. Andererseits: fuer wen sonst sollte es denn bestimmt sein, wenn nicht fuer diejenigen, die es doch wohl am besten meistern sollten, aufgrund eben dieser Praegungen, Gaben und Vorteile. Just sounds fair to me. Meanwhile, let’s make the best of it.

Anyways, das sind einfach ein paar Gedanken, die man sich an einem ruhigen Samstag Abend macht (wenn man eigentlich „in der Stadt drinnen sein und was losmachen“ sollte, denn es ist Fleet-week, dh die Marine ist in San Francisco und da tobt der Mob, steppender Papst im Kettenhemd und so weiter.)

Morgen ist es Sonntag, das Wetter soll herrlich sein, und ich habe zum Glueck rein gar nichts (makler-technisches) vor, und werde den Herbsttag weidlich nutzen.